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Maria Theresia und das Fricktal

Bis zum Friede von Campo Formio (1797) stand das Fricktal unter habsburgischer Herrschaft. Maria Theresia war eine herausragende Regentin dieser Dynastie (Regentin von 1740 bis 1780). Ihre Regierungsreformen leiteten auch in den österreichischen Vorlanden, wozu das Fricktal zählte, eine Epoche des Friedens und der Stabilität ein. Lange Zeit erinnerte sich die Bevölkerung des Fricktals, das jahrhundertelang unter der Herrschaft der Habsburger stand, an zwei aufgeklärte Herrscher dieser Dynastie: Maria Theresia und deren Sohn Joseph II. Die Menschen des kriegsgeprüften und von Hungersnöten und Seuchen geplagten Fricktals wussten, was sie diesen Regenten verdankten, die ganz im Sinne des aufgeklärten Absolutismus sich um das Wohl ihrer Untertanen kümmerten.

Kennzeichen des aufgeklärten Absolutismus sind die Vereinheitlichung des Staates und die Beseitigung der aus dem Mittelalter stammenden Sonderung der ständischen politischen und wirtschaftlichen Unterschiede und Privilegien. Eine breite Schicht von besitzenden, gebildeten Staatsbürgern, die möglichst weitgehend gleichem Recht unterstellt waren, sollte herangezogen werden. Der Herrscher zitierte zu seiner Legitimation nun nicht mehr das Gottesgnadentum, sondern leitete diese nun aus dem "Staatsdienertum" und aus der naturrechtlichen Vertragslehre ab.

Unter diesen Aspekten war Maria Theresia eine typische Vertreterin des aufgeklärten Absolutismus. Ihr Ziel war es, "Der Länder bestens zu fördern," und diesen eine "allgemeine und erste Mutter" zu sein. Mit Reformen, die in die verschiedensten Bereiche des öffentlichen Lebens reichten, suchte sie die Vereinheitlichung des Staates zu erreichen. Was bewirkten nun diese Reformen im Fricktal?

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Recherchiert und verfasst von

Diemuth Königs

publiziert in Basler Zeitung

Ausgabe Fricktal vom 13. April 1996

 

INHALTSVERZEICHNIS

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Abtrennung von Innsbruck
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Weniger Steuern
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Eingriffe in die Verfassungen der Städte
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Die Feuerversicherung
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Schulbildung
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Die Kirchenreform
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Wald- und Forstwirtschaft
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Nicht liberal, aber fortschrittlich
Maria Theresia

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Maria Theresia

Gemälde im Rathaussaal von Rheinfelden (Schweiz)

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Abtrennung von Innsbruck

Spätestens seit dem Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) musste Maria Theresia auf die strategisch wichtige Bedeutung der "Vorlande", die Südbaden und grosse Teile der Nordwestschweiz umfassten (das Elsass war 1748 an Frankreich verloren gegangen), aufmerksam geworden sein. Denn auf diesem schmalen Zugang zu Österreich wurden zahlreiche Machtkämpfe zwischen Frankreich und Österreich ausgetragen.

Vorderösterreich hatte zwar eine eigene Regierung mit Sitz in Freiburg, die jedoch der Regierung in Innsbruck untergeordnet war. Maria Theresia unterstellte im Jahre 1752 die vorderösterreichische Regierung direkt dem Wiener Hof. Damit war Vorderösterreich eine eigene Provinz im Reichsverband geworden. Die Regentin begründete diese Massnahme, mit der schnelleren und effizienteren militärischen Hilfe, die sie im Bedarfsfalle diesem bedeutenden Landstrich zukommen lassen könne.

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Weniger Steuern

Das Steuersystem ihres Erzrivalen, des Preussenkönigs Friedrich II, imponierte Maria Theresia derart, dass sie es auf ihre Art kopierte. Die Besteuerung sollte nach dem Gleichheitsprinzip erfolgen. Das bedeutete, dass die Bauern, die bis jetzt die Hauptlast trugen, entlastet werden sollten. Im gleichen Zug wurden Adel und Klerus, die bis jetzt von steuerlichen Abgaben weitgehend verschont geblieben waren, steuerpflichtig.

Die Staatssteuer wurde auf Grund- und Hausbesitz erhoben, deshalb war es nötig, sie genau zu erfassen. In den Gemeinden am Hochrhein wurden deshalb vier vereidigte Geometer beauftragt, sämtliche Rustikalgüter (Privatbesitz) und Dominikalgüter (Kirchen-, Herrschafts- und Korporationsgüter) in ein Katastervereichnis aufzunehmen. So entstanden die ersten Gemarkungspläne der Fricktaler Gemeinden. Die Grundstücke wurden geschätzt und nach einem neuen Steuerfuss besteuert.

Auch im Fricktal ging die Steuerreform nicht ohne Protest der bisher privilegierten Schichten vor sich. Auch der Rheinfelder Rat reichte 1765 einen Rekurs über die Steuertaxation ein. Maria Theresia wischte jedoch alle Reklamationen vom Tisch, indem sie auf die "gottgefällige Gleichheit in Steuersachen" verwies.

Das Ergebnis der Steuerreform war, dass die Bauern und Bürger weit weniger Steuern als bisher zu bezahlen hatten. Und trotzdem verbuchte die Staatskasse das Doppelte an Steuereinnahmen, weil die bisher privilegierten Stände nun zur Kasse gebeten wurden.

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Eingriffe in die Verfassungen

der Städte

Ein Merkmal des Absolutismus, war die staatliche Zentralisierung der Verwaltung. Um diese zu erreichen, mussten die städtischen Selbstverwaltungen, die auf einem eigenen Stadtrecht basierten, zurückgestutzt werden. Neue Magistratsordnungen wurden in den Städten Vorderösterreichs eingeführt, die sich gezielt gegen den Einfluss der Zünfte richteten. So durfte kein Zunftmeister mehr in den Grossrat (nicht zu verwechseln mit dem heutigen Grossen Rat) ernannt werden. Der Grossrat bestand aus sechs Repräsentanten der Bürgerschaft, der dem Magistrat bei Angelegenheiten, bei denen es um das Wohl der gesamten Stadt ging, beratend zur Seite stand.

Der Magistrat setzte sich aus dem Bürgermeister, dem Stadtschreiber und je nach der Grösse der Stadt aus vier bis sechs Ratsmitgliedern zusammen (in Laufenburg sechs, in Rheinfelden vier Ratsmitglieder). Dem Magistrat unterstand neben der laufenden Verwaltung der Stadt auch die niedere Gerichtsbarkeit. Er tagte alle vierzehn Tage unter dem Vorsitz des Vogtes.

Sämtliche wirtschaftliche Angelegenheiten unterstanden dem "internen Rat" oder der "Wirtschaftsdeputation". Ihm gehörten der Bürgermeister, der Stadtschreiber und ein bis zwei Ratsmitglieder an (in Laufenburg zwei Personen, in Rheinfelden eine). Letztere durften aus Parteilichkeitsgründen kein städtisches Amt bekleiden. Der Wirtschaftsdeputation oblag die Aufsicht über die Stadt- und Steuerkasse und über die städtischen Bediensteten. Bei Geldanleihen oder Grundstückskäufen und -verkäufen mussten der Magistrat und der Grossrat hinzugezogen werden.

Die neue Magistratsordnung bedeutete einen Einschnitt in die städtische Selbstverwaltung. Trotzdem wurde sie ohne grosses Murren hingenommen, weil damit der Misswirtschaft und der nachlässigen Verwaltung, die in den Städten überhandgenommen hatte, ein Riegel vorgeschoben wurde. Im Zuge der städtischen Verwaltungsreform wurde auch das selbstherrliche Walten der Ratsleute eingeschränkt. So wurden zum Beispiel dem Rheinfelder Rat die üppigen Gastmähler verboten, die sich dieser auf Kosten der Stadtkasse an Fest- und Markttagen genehmigte.

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Die Feuerversicherung

Ein Novum im Sozialbereich stellte die allgemeine Feuerversicherung aus dem Jahre 1764 dar. Um die Prämie festzusetzen, wurden die Gebäude geschätzt, was zugleich für die Steuertaxation von Bedeutung war. Jedes Haus erhielt eine Brandversicherungsnummer - im heutigen Sprachgebrauch eine Hausnummer. Diese wurden von Reisenden aus dem weniger fortschrittlichen benachbarten Berner Untertanengebiet und aus Zürich ausgiebig bestaunt.

Die Versicherungsprämie betrug 9 1/4 Kreuzer pro 100 Gulden Sachwert. Die Hausbesitzer waren verpflichtet, die Prämien an die Gemeinde abzuliefern, von wo diese dann an die "Breisgauische Feuerassoziätät" weitergeleitet wurden.

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Schulbildung

Auch auf kulturellem Gebiet leistete Maria Theresia Pionierarbeit. Sie reformiete und vereinheitlichte das Schulwesen. Zwar gab es in vielen Gemeinden am Hochrhein schon Schulen, an denen kirchliche und weltliche Lehrkräfte unterrichteten. Jedoch stand es oft mit dem Ausbildungsstandard der Lehrer nicht zum besten und auch der Unterrichtsstoff war nicht einheitlich. Um den Lehrern eine einheitliche Grundausbildung zuteil werden zu lassen, verfügte Maria Theresia in der "Allgemeinen Schulordung" von 1775, dass jeder Lehrer eine sogenannte "Normalschule", ein Lehrerseminar, zu besuchen habe oder sich mindestens dort einer Tauglichkeitsprüfung unterziehen müsse. In Freiburg enstand bereits 1773 das erste Lehrerseminar Vorderösterreichs.

Maria Theresia, die die Schulausbildung als wichtigste Grundlage der "wahren Glückseligkeit der Nation" ansah, ordnete weiter an, dass in jedem Dorf und Pfarrort eine Schule zu errichten sei. Selbst der Inhalt der Lehrpläne wurde von ihr abgesegnet. Die Lehrer waren gehalten, auf die Einhaltung der allgemeinen Schulpflicht - für Jungen und Mädchen - zu achten. Diese konnte sich jedoch, besonders in ländlichen Gemeinden, nur allmählich durchsetzen, weil es den Eltern schwer ankam, die Notwendigkeit eines Schulbesuchs einzusehen. Waren sie doch bis jetzt gewohnt, ihre Kinder überwiegend als Arbeitskräfte und nicht als Schulkinder zu sehen. Jedoch wurde auch dieses Faktum berücksichtigt. Für die Bauernkinder wurde der Schulbesuch altersmässig geregelt und jahreszeitlich abgestuft. Halbjährlich prüften in den Stadt- und Dorfschulen Honoratioren aus der Politik und der Geistlichkeit die Schüler auf Herz und Nieren. Bei entsprechender Fähigkeit konnten diese dann in die Lateinschule überwechseln.

Die geistlichen und weltlichen Lehrer waren einer staatlichen Aufsichtsperson über den regelmässigen Schulbesuch ihrer Zöglinge rechenschaftspflichtig. Aber auch das Engagement der Lehrer und deren sittliches und moralisches Verhalten wurde von Staats wegen überprüft und beurteilt. So erhielt zum Beispiel eine Schulkommission in Möhlin 1773 den Auftrag, "Aufführung, Sitten und Wissenschaften" der Lehrer zu untersuchen und "in üble Sitten und Unfleiss verfallende Schulmeister abzuschaffen".

Die Lehrer wurden einheitlich besoldet, was deren Status erheblich hob. Ausserdem waren diese nun nicht mehr gezwungen mehr oder weniger ehrenhafte Zusatzarbeiten zu übernehmen, um sich den Lebensunterhalt zu sichern.

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Die Kirchenreform

Als absolutistische Herrscherin, war Maria Theresia bestrebt, die Kirche dem Staat unterzuordnen. Als aufgeklärte Monarchin bezog sie die Kirche als Institution in ihr utilitaristisches Denken mit ein und dachte ihr folglich, wie der Schule, die Aufgabe zu, die Untertanen zu erziehen. Staatliche Verordnungen sollten das kirchliche Leben bis in alle Einzelheiten regeln. Maria Theresia schaffte einige Feiertage ab, weil ihrer Ansicht nach damit zuviele Arbeitstage verloren gingen. Zugleich sollte der Sonntag wieder in das Zentrum der kultischen Verehrung gerückt werden. Der Besuch des Sonntagsgottesdienstes wurde zur staatsbürgerlichen Pflicht erklärt. Mit dem Dekret, die Wirtshäuser an Sonntagen erst ab vier Uhr nachmittags zu öffnen, wollte Maria Theresia dem Sonntag wieder vermehrt Heiligung verschaffen. Ausserdem wurden an Sonntagen Ganten, Weinkäufe und andere Handelsgeschäfte untersagt.

Mit einer strengen Regelung der Wallfahrten und traf die Monarchin den Nerv der Volksfrömmigkeit. Sie verbot Wallfahrten, die mehr als einen Tag dauerten. Ebenso wurde verboten, eine Wallfahrt zu Pferd mitzumachen. Dies wurde mit dem Verlust des Pferdes und einem achttägigen Arrest geahndet.

Natürlich ist auch hier wieder der Hintergedanke mitbestimmend, dass mit mehrtägigen Wallfahrten wertvolle Arbeitstage verloren gingen. Maria Theresia wollte aber auch üblen Begleiterscheinungen dieser Ereignisse, wie übermässigem Essen und Trinken, einen Einhalt gebieten. Auch sollte so wenig Geld wie möglich ins Ausland gelangen.

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Wald- und Forstwirtschaft

Maria Theresia beabsichtigte mit ihren Reformen stets das Volkswohl zu heben. In diese Richtung gingen auch die Vorschriften, welche die Waldnutzung betrafen. Eine effiziente Wald- und Forstordnung wurde von der Regierung in Freiburg den diversen Waldeigentümern im Fricktal vorgelegt. Damit sollte der Übernutzung des Waldes, die zu einem gravierenden Holzmangel geführt hatte, einen Riegel vorgeschoben werden. Speziell ausgebildete Forstleute waren für die Pflge des Waldes verantwortlich. Auch Privatleute, Bürger und Bauern, sollten dazu erzogen werden, sorgfältig mit dem Gut "Wald" umzugehen. Da jedoch das Holz ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens war, wurden die Vorschriften, trotz der angedrohten Sanktionen, häufig umgangen.

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Nicht liberal, aber fortschrittlich

Sicherlich war die Herrschaft Maria Theresias nicht liberal und von den Idealen der Französischen Revolution, die nur acht Jahre nach dem Tod der Kaiserin stattfand, noch weit entfernt. Auch wenn sich die Reformen und Dekrete Maria Theresias hin und wieder etwas harsch ausnahmen, so anerkannten doch ihre Untertanen, dass sie zum Wohl des Volkes geschahen. Besonders die Bewohner des Fricktals konnten Vergleiche zu ihren Nachbarn ziehen und erkennen, wie fortschrittlich die Herrschaft Maria Theresias war. Ihrer Person wurde deshalb immer noch mit Liebe und Veehrung gedacht, als die habsburgische Herrschaft im Fricktal schon längst beendet war.

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Literatur:
bulletFricker Heinz, Nawrath Theo (Hrsg.), Geschichte der Stadt Laufenburg, Bd. 1, Laufenburg/Baden, Laufenburg/Schweiz 1979.
bulletMaria Theresia, Joseph II, Laufenburg 1984.
bulletSchieb Karl, Geschichte des Dorfes Möhlin, Schaffhausen 1985.
bulletDers., Geschichte der Stadt Rheinfelden, Thayngen- Schaffhausen, 1961.

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Zuletzt geändert am: 01. April 2013